Die Leber des Pferdes – ein Kraftwerk im Organismus

Die Leber ist der Powerentgifter im Körper des Pferdes – sie hält den Organismus in Schwung.Als größte Drüse des Körpers hat die Leber viele Funktionen im Körper.

Die Anatomie der Leber

Die Leber ist die größte Verdauungsdrüse des Körpers und wiegt bei einem Pferd circa 5 kg. Die Leber des Pferdes besteht aus zwei Hälften. Sie setzt sich anatomisch aus den Leberlappen, den Leberbälkchen und den Hepatozyten (Leberzellen) zusammen.

Die Leber wird als Anhangsdrüse des Darms bezeichnet, da diese größte Drüse des Organismus, aus dem Entoderm (embryonalen Darmepithel) entsprossen ist.

Ein harter Job – welche Funktionen hat die Leber eigentlich?

Die wichtigste Aufgabe der Leber ist das entgiften – sie filtert das Blut über den Pfortaderkreislauf. Die Pfortader ist eine Vene, in der sich das Blut aus Dünndarm, Dickdarm, Magen, Bauspeicheldrüse und Milz sammelt.

Sie sorgt für die Ausscheidung von Abbauprodukten & Toxinen und übernimmt Aufgaben im Fettstoffwechsel. Sie speichert Vitamin A und B sowie das Reservekohlehydrat Glykogen und reguliert somit den Blutzuckerspiegel. Die Leber bildet Fibrinogen und übernimmt eine wichtige Rolle im Immunsystem.

Lebenswichtige Eiweiße wie Aminosäuren und Bluteiweiße sowie Gerinnungsfaktoren werden in der Leber produziert.

Giftstoffe werden unschädlich gemacht und ausgeschieden; Nährstoffe werden weiterverarbeitet und dem Körper zur Verfügung gestellt.

Die Leber übernimmt die Schlüsselfunktionen für ein gut funktionierendes Immun- und Hormonsystem, da auch der Hormonhaushalt durch die Leber reguliert wird.

Pferde können auf Grund der fehlenden Gallenblase kein Fett verdauen?

In der Leber wird die Gallenflüssigkeit produziert, die für den Abbau und die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten, Medikamenten und Giftstoffen erforderlich ist.

Das  Pferd kann sehr wohl Fett verdauen, denn die Leber übernimmt die Produktion der dafür benötigten Verdauungssäfte. Die von der Leber produzierte Gallenflüssigkeit wird kontinuierlich über den Gallengang zum Dünndarm geleitet. Die Gallensäure spaltet die Fette auf und macht sie verdauungsfähig – über die Darmwand werden sie dann resorbiert.

 

Workaholic – regeneriert sich die Leber selbst?

Die Leberals Multifunktionsorgandes Pferdesverfügt glücklicherweise über ein enormes Regenerationspotential. Sie zeigt sehr lange keine erkennbaren Symptome bei Überlastung durch Toxine, insbesondere dann, wenn diese fütterungsbedingt sind. Klar erkennbare Symptome treten bei der Leber des Pferdes meist dann erst auf, wenn bereits 70 bis 80 % der Funktionskapazität gestört sind.

Das ist einerseits sehr gut, denn damit kann man sicher sein, dass die Leber einiges „wegsteckt“ und viele Sünden ungeschehen macht. Auf der anderen Seite ist jedoch eine Schadensdiagnose äußerst schwierig zu erstellen, kann doch die Diagnose „erhöhte Leberwerte im Blut“ erst im fortgeschrittenen Stadium einer Lebererkrankung gestellt werden und ist ein wahrlich ernstzunehmendes Problem.

 

Wie entstehen Lebererkrankungen?

Oft können Schimmelpilzbefall in Stroh, Heu, Heulage und Silage zu erheblicher Leberschädigung führen.

Wird also langfristig Grundfutter schlechter Qualität gefüttert, so kann dies eine Lebererkrankung mit sich bringen.

Ebenfalls leberschädigend sind giftige Pflanzen auf der Weide oder im Grundfutter wie z.B. Jakobskreuzkraut und Herbstzeitlose. Ein weiteres oft vorkommendes Problem ist die Verwurmung von Pferden, die ebenfalls zu Erkrankungen der Leber führen kann.

Auch eine Fütterung mit starken Eiweißüberschüssen (z.B. wenig Grundfutter und zu viel Krippenfutter) oder eine dauerhafte Medikamentengabe kann zu Überbelastung der Entgiftungszentrale „Leber“ führen und somit zu Lebererkrankungen.

 

Primäre und sekundäre Lebererkrankungen

Man unterscheidet in der Medizin zwischen einer primären und einer sekundären Lebererkrankung:

Bei einer primären Lebererkrankung ist die Leber direkt betroffen, beispielsweise durch einen Parasitenbefall. Die sekundäre Erkrankung hingegen tritt in Folge von vorangegangenen Krankheiten wie Hufrehe, Lumbago, Vergiftungen, Infektionen oder einen falschen Einsatz von Medikamenten ein und ist wesentlich schwerer zu behandeln.

Während der Tierarzt bei der primären Erkrankung schädige Noxen ausschalten oder Fütterungsfehler beheben kann, muss er bei der sekundären Variante auf die Selbstheilungskräfte der Leber hoffen und diese bestmöglich unterstützen.

 

Wie kann man Leberprobleme erkennen?

Pferde mit einer Lebererkrankungzeigen oft lethargische Ansätze, haben keinen Appetit mehr oder verlieren an Gewicht.

In einem solchen Fall sollte bei der Anamnese auch eine Lebererkrankung beim Pferd in Betracht gezogen werden. In schwereren Fällen kann es zu eingeschränktem Sehvermögen, Übererregbarkeit, Ataxien oder zwanghaftem Laufenkommen.

 

Die folgenden Symptome können auf eine Lebererkrankung hinweisen:

 

  • Trägheit und Mattigkeit des Pferdes
  • rheumatische Beschwerden
  • Appetitlosigkeit
  • Leistungsschwäche
  • apathisches Verhalten
  • Haut- und Haarprobleme
  • Gelbverfärbung der Augenschleimhäute
  • punktförmige Blutungen auf Nick- und Schleimhäuten
  • unter Umständen eine dunkle Verfärbung des Harns

 

 

Hilfe zur Selbsthilfe – die Leber während der Heilung unterstützen

Liegt eine Schädigung der Leber vor, sollte die Tagesration auf viele kleine Portionen verteilt gefüttert werden.

Das verhindert, dass Eiweißabbauprodukte die Leber stoßweise „überfluten“. Leicht verdauliche Kohlenhydrate, wenig Fett und eine auf das notwendige Maß reduzierte, dünndarmverdauliche Eiweißmenge sind dann geboten.

In der akuten Phase sollte auf Kraftfutter verzichtet und lediglich Heu und Stroh gefüttert werden. Vom Schnittzeitpunkt her ist „älteres“ Heu vorzuziehen. Mash und aufgeschlossene Maisflocken sollten anstelle von Kraftfutter auf viele Rationen verteilt eingesetzt werden.

Dabei sollte das Pferd keinen Energiemangel leiden, sonst aktiviert es Proteine aus der Muskulatur. Dadurch würde die Leber zusätzlich extrem belastet. Kontraproduktiv sind auch die Zufuhr von schwer verdaulicher Stärke und Silage, die oft biogene Amine wie Histamin enthält, sowie eine übertriebene Fütterung an Zusatzfuttermitteln.

Die Ration sollte ergänzt werden durch Mineralstoffe – für Leberpatientensind Vitamin E, Selen und Zink besonders wichtig. Auch Bierhefe trägt mit ihren vielen schwefelhaltigen Aminosäuren zurRegeneration bei.

 

Die folgenden Kräuter haben sich zur Unterstützung bei Leberproblemen bewährt:

  • Mariendistel
  • Artischockenblätter
  • Brennnessel
  • Löwenzahn
  • Wegwartenwurzel

 

 

Vorbeugen ist besser als Heilen

Bei der Fütterung sollte grundsätzlich darauf geachtet werden, dass das Heu schimmelfrei ist und nicht zu sehr staubt. Auch das Stroh, das zur Einstreu verwendet wird, sollte schimmelfrei sein, da sonst Schimmelsporen über die Atemwege in den Organismus der Pferde gelangen können.

 

Regelmäßiges Entwurmen sollte unbedingt eingehalten werden, da Würmer toxische Stoffe in den Magen-Darm-Trakt einbringen können und diese somit in den Organismus des Pferdes gelangen.

Giftpflanzen wie Jakobskreuzkraut und Herbstzeitlose müssen unbedingt von der Weide entfernt werden.

Basis für eine effiziente Leberfunktion bzw. Regeneration ist eine bedarfsgerechte Mineralisierung und Vitaminversorgung. Eine ganz besondere Rolle spielen dabei die Spurenelemente, Magnesium und die Vitamine des B-Komplexes.

Weniger ist mehr – Überdosierungen von synthetischem Mineralfuttern gilt es zu vermeiden, besser ist ein natürliches Mineralfutter ohne Getreide und Melasse.

Sowohl eine Überfütterung als auch einen radikalen Futterentzug (wie es manchmal bei Hufrehe empfohlen wird) kann zur Bildung einer Fettleber führen.

Eine Unterstützung der Leber kann mit Hilfe von Kräutern das ganze Jahr über erfolgen. Besonders dankbar sind Pferde für eine Kur im Fellwechsel oder während der Rekonvaleszenz.

 

Text: Helen Bachmaier
Foto: Shutterstock

 

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