Alles was Recht ist – Die mietrechtliche Haftung des Stallbetreibers

In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, ob und, wenn ja, in welchem Umfang die Haftung eines Pferdepensionsbetriebes in Betracht kommt und ob durch Einstellungsverträge oder aber zumindest durch den Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung die Haftung ausgeschlossen oder begrenzt werden kann.

Für den Pferdepensionsvertrag gilt in diesem Zusammenhang, dass eine schuldhafte Verletzung des durch den Einstellungsvertrag definierten Pflichtenkataloges grundsätzlich zur Haftung des Pferdepensionsbetreibers führt. Dabei kann die Frage vernachlässigt werden, ob ein solcher Pferdepensionsvertrag sich voranging an den Vorschriften des Mietvertrages, an denen des Dienstvertrages bzw. an denen des Verwahrvertrages orientiert oder aber ob alle Elemente je nach Gewichtung zu berücksichtigen sind.

Sicher ist, dass dieser Pflichtenkatalog eine gewisse Fürsorge für das eingestellte Pferd beinhaltet und der Anlagenbetreiber dafür zu sorgen hat, dass von seiner Anlage keine Gefahren für das Pferd, seinen Eigentümer und Reitbeteiligungen ausgehen.

Schon immer hat die Rechtsprechung die Verantwortlichkeit des Betreibers für eine schuldhafte Vertragsverletzungen bejaht. Es ist allerdings einzuräumen, dass die Gerichte sich bislang nur selten mit vergleichbaren Fällen beschäftigen mussten, noch seltener sind Veröffentlichungen solcher Urteile. Uneingeschränkt wurde allerdings schon immer der Grundsatz bejaht, dass der Inhaber eines Pensionsbetriebes für sämtliche Schäden haftungsrechtlich verantwortlich ist, die auf einen Mangel des Stalles oder der übrigen Betriebsteile zurückzuführen sind.

Der Nachweis eines Mangels oder gar des Verschuldens ist jedoch die erste hohe Hürde, die es zu überwinden gilt.

Man unterscheidet zwischen den Mängeln, die bzw. deren Ursachen bereits bei Abschluss des Pensionsvertrages vorhanden gewesen und solchen Mängeln, die erst später auf Grund eines anderen Umstandes, den der Betreiber des Pensionsbetriebes zu vertreten hat, entstanden sind.

Im ersten Fall haftet der Betreiber für Schäden im Sinne einer sogenannten Garantiehaftung, d.h. ohne dass es auf sein Verschulden ankäme.

Im zweiten Fall wird gefordert, dass der Betreiber für den Mangel verantwortlich ist.

Liegen diese Voraussetzungen vor, haftet der Inhaber eines Pferdepensionsbetriebes uneingeschränkt für Schäden an den eingestellten Pferden einschließlich möglicher Schäden an sonstigen Vermögenswerten, wie Sattelzeug oder dem Hänger des Einstellers. Im Ernstfall kann das bedeuten, dass der Betreiber einer solchen Anlage verpflichtet ist, den Gegenwert des hochtalentierten und deswegen millionenteueren Spring- bzw. Dressurpferdes zu ersetzen, weil sich dieses in einer zu kleinen Box festgelegt hat und sich beim Versuch einer Befreiung ein Bein gebrochen hat.

Ein paar Beispiele für Mängel auf Reitanlagen sind herausstehende Nägel in den Boxenwänden, zu niedrige oder lückenhafte Koppelzäune, defekte Wasserleitungen, die verschmutztes oder überhaupt kein Wasser transportieren, massenhafte Unebenheiten und Löcher auf den Koppeln, ein zu dunkler und schlecht belüfteter Stall, ein undichtes Dach oder zahlreiche scharfkantige Steine im Hallenboden.

Diese Mängel der Anlage müssen dann zu Schäden führen, wie Verletzungen oder Krankheiten von Pferd oder Reiter, aber auch Beschädigungen von Zubehör.

Neben der Haftung aus der Überlassung einer mangelhaften und damit schadensverursachenden Box oder einem Mangel im Bereich der übrigen Reitanlage, wie zum Beispiel einem rutschigen Springplatzboden, wird von der Rechtsprechung auch die Haftung des Inhabers für eventuelle Schäden aus einer mangelhaften Fütterung und Verletzung der Obhutspflicht für die eingestellten Pferde mit entsprechenden weitreichenden Konsequenzen durchaus bejaht.

So hatte sich der BGH beispielsweise mit dem Anspruch eines Pferdebesitzers auseinander zu setzen, der dem Inhaber eines Pensionsbetriebes vorgeworfen hatte, verspätet einen Tierarzt gerufen zu haben. Das Gericht hatte allerdings vom Pferdebesitzer verlangt, den uneingeschränkten Nachweis zu führen, dass die verspätete Hinzuziehung eines Tierarztes allein für den Tod des Pferdes verantwortlich gewesen sei. Einen solchen Nachweis konnte der Pferdebesitzer nicht führen, was zur Niederlage im Rechtsstreit geführt hat.

In einem anderen Verfahren hat der BGH dem Pferdebesitzer den Anspruch auf Wertersatz des durch Kolik verendeten Pferdes zugesprochen, weil der Inhaber des Pensionsbetriebes verdorbenen Hafer wie auch verdorbenes Stroh bei der Fütterung und Pflege des Pferdes verwandt hatte und die Todesursache entweder auf die Fütterung mit verdorbenem Hafer oder aber auf das ebenso verdorbene Stroh zurückgeführt werden konnte. Der Betreiber eines Pensionsstalles ist also gewollt oder ungewollt mit einem erheblichen Haftungspotential konfrontiert, dass wohl auch als existenzgefährdend bezeichnet werden muss.

Was liegt näher als Verträge für Einsteller zu entwerfen, in denen die Haftung des Betriebsinhabers ausgeschlossen oder aber doch zumindest erheblich reduziert wird? Herausgekommen ist eine nicht mehr zu überschauende Typenvielfalt an Klauseln, mit deren Hilfe das Haftungsrisiko interessenwahrend geregelt werden soll.

In der Regel wird dabei die Haftung des Betriebsinhabers für vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadensverursachung und im übrigen auf die Deckungssumme einer nicht näher bezeichneten Versicherungsart begrenzt.

Solche Klauseln zur Haftungsbegrenzung bzw. zum Haftungsausschluss des Inhabers eines Pferdepensionsbetriebes sind indessen in vielen Fällen unwirksam.

Zwar kann die verschuldensunabhängige Garantiehaftung des Pensionsbetriebes auch durch allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) formularmäßig ausgeschlossen (abbedungen) werden. Dies gilt jedoch nicht für arglistig verschwiegene Mängel.

Die verschuldensabhängige Haftung kann in AGB nicht ausgeschlossen werden hinsichtlich grob fahrlässigem oder gar vorsätzlichem Verhalten.

Entgegen weit verbreiteter Auffassung haftet der Inhaber auch für leichte Fahrlässigkeit, soweit es um die Verletzung von vertraglichen Hauptpflichten oder aber um Gefahren für wesentliche Rechtsgüter des Einstellers geht. Der BGH hat mittlerweile entschieden, dass in AGB die Haftung für leichte Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen werden kann, wenn der Einsteller das ausgeschlossene Risiko selbst nicht beherrschen und auch nicht versichern kann.

Summenmäßige Haftungsbegrenzungen, wie sie in der Regel durch den Abschluss einer ausreichenden Betriebshaftpflichtversicherung vorgesehen werden, müssen in einem angemessenen Verhältnis zum vertragstypischen Schadensrisiko stehen, um die gewünschten Rechtswirkungen im Verhältnis zum Pferdeeinsteller zu erzielen. Allgemeine Richtwerte gibt es hier allerdings nicht.

Auch die Vorgehensweise, im Wege einer individuellen Vereinbarung das Haftungsrisiko auszuschließen oder zu begrenzen, verfehlt in aller Regel ihren Zweck, da eine derartige Vereinbarung eine Vielzahl von Problemen – angefangen bei dem Problem, ob überhaupt eine individuelle Vereinbarung vorliegt – mit sich bringt.

Auch Warnschilder können die Haftung nach dem eben gesagten nicht ausschließen. Im besten Falle sind sie geeignet, die Haftung zu verringern und dem Geschädigten eine Mitschuld zuzuweisen.

Bleibt also die Frage, ob durch Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung die aufgezeigten Risiken begrenzt werden können. Zum einen ist grundsätzlich zu einer solchen Versicherung des Schadensrisikos dringend anzuraten. Zum anderen ist aber auch darauf aufmerksam zu machen, dass es hierbei keine Standardlösungen gibt, vielmehr wird eine höchst individuelle Lösung mit dem zuständigen Versicherungsfachmann gesucht werden müssen.

Soweit eine derartige Versicherung und die dort vereinbarte Deckungssumme das sogenannte vertragstypische Schadensrisiko abdeckt und damit eine adäquate versicherungsmäßige Schadensvorsorge für alle vorhersehbaren Schäden gewährleistet ist, kann auch eine Schadensbegrenzungsklausel bei Beachtung bestimmter Kriterien rechtswirksam vereinbart werden.

Damit bleibt aber immer noch offen, wer die außerordentlich hohen Kosten einer derartigen Versicherung zu tragen haben wird. Durch die monatliche Boxenmiete dürften diese Kosten in keinem Fall zusätzlich vom Betreiber gedeckt werden können. Zudem ist die Interessenlage der verschiedenen Einsteller höchst unterschiedlich. Während der eine Pferdebesitzer lediglich ein normalteueres Pferd eingestellt hat, stellen die Pferde eines anderen Einstellers möglicherweise Millionenwerte dar. Das jeweilige Risiko fällt also ganz unterschiedlich aus und die Frage, wer in welchem Verhältnis sich an dem jeweiligen kostenmäßigen Risiko beteiligt, sollte daher in individuellen Absprachen geklärt werden.

Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf beträchtlichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist.

 

Text: Frank Richter, Rechtsanwalt
Kastanienweg 75a
69221 Dossenheim
www.richterrecht.com

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