Kissing Spines

Kissing Spines – küssende Dornfortsätze

Die Diagnose Kissing Spines versetzt den meisten Pferdebesitzern einen Schock. Der erste Gedanke: Mein Pferd ist nun unreitbar! In manchen Fällen ist das korrekt – doch die Diagnose muss nicht immer zwangsläufig das Aus bedeuten.

Als eine der häufigsten Ursachen* für Rückenschmerzen beim Pferd gelten Kissing Spines. Im Jahre 1989 wies Klide** in seiner Studie nach, dass es die Erkrankung bereits bei dem vor ca. 40 000 Jahren lebenden Equus occidentalis gab.

Kissing Spines – was versteht man darunter?

Kissing Spines – küssende Dornfortsätze. Sie betreffen den empfindlichen Teil des Pferdekörpers: die Wirbelsäule. Das Kissing Spine-Syndrom ist ei­ne knöcherne Veränderung der Dornfortsätze. Dabei berühren oder überlagern sich die Dornfort­sätze einzelner Wirbel, was beson­ders häufig im Bereich vom 12. bis zum 18. Brustwirbel vor­kommt, da der Abstand zwischen den Wirbeln dort besonders eng ist.

Dieser Bereich liegt genau unter der Sattellage und somit, zum Leidwesen des erkrankten Pferdes genau dort,  wo das meiste Gewicht lastet.

Nach Petersson*** unterscheidet man die Kissing Spines bei der röntgenologischen Untersuchung in 3 Grade:

Grad I: Verkleinerte Zwischenräume zwischen 2 oder mehreren Dornfortsätzen mit geringgradiger Sklerosierung der Corticalisränder

Grad II: zwei oder mehr berührende Dornfortsätze mit mittelgradige Sklerosierung der Corticalisränder; sowie teilweise röntgenologische Aufhellungen

Grad III: zwei oder mehr berührende und überlappende Dornfortsätze mit Sklerosierung der Corticalisränder und/oder osteolytische (knochenauflösenden) Zonen.

(Unter einer Sklerosierung der Corticalisränder versteht man eine Verhärtung der unter der Knochenhaut liegenden Gewebefasern.)

Klinisch konnte nachgewiesen werden, dass in vielen Fällen die Schmerzhaftigkeit nicht immer mit dem röntgenologischen Grad gleich zu setzen ist.

Ursachen

Die Symptome machen sich meist im Alter zwischen 7 und 10 Jahren bemerkbar. Die Ursachen können vielfältig sein. Oft gibt es Pferde, die von Geburt an engstehende Dornfortsätze haben und somit anfälliger für diese Erkrankung sind. Häufig sind es aber tatsächlich Reiterfehler.

Werden die Pferde in zu hoher Aufrichtung geritten, drücken sie den Rücken weg und verkrampfen in der Rückenmuskulatur. Dabei kommt es zu Stauchungen und in der Folge zu Entzündungen der Dornfortsätze. Hält dieses Problem an, bildet der Körper neue Knochensubstanz die sich an den Dornfortsätzen anlagert und diese schließlich überlappen lässt.

Zu frühes Anreiten der Pferde, Stürze oder ein Senkrücken begünstigen ebenso die Entstehung der Kissing Spines.

Symptome

Vielfältige Symptome können auf Kissing Spines hinweisen, müssen es aber nicht. Die endgültige Klarheit und Diagnose bringt nur eine Röntgenuntersuchung des Rückens.

Symptome können sein:

  • Sattelzwang
  • Durchdrücken des Rücken
  • Empfindlichkeit beim Putzen
  • Schief getragener Schweif
  • Arbeitsunlust
  • Widersetzlichkeit beim Reiten
  • Wegrennen beim Aufsteigen
  • Schwungloser Gang
  • Unwilligkeit beim Beschlagen

Manchmal kann hinter den Symptomen aber auch einfach ein unpassender Sattel, ein schlechter Sitz oder eine andere Problematik stecken.

Behandlung

Zu erwähnen ist hier, dass es durchaus Pferde gibt, die röntgenologisch auffällig sind – die Kissing Spines aber klinisch kein Problem darstellen und somit auch nicht das reiterliche Aus bedeuten.

Bestes Beispiel dafür, ist das Olympiapferd „Bantry Bay“. Mit systematischem Aufbau und durchdachtem Training  hat es seine Besitzerin geschafft ihn zu einem internationalen Busch-Crack, trotz Kissing Spines, zu machen.

Wichtig für Pferde mit Kissing Spines ist der Freilauf. Freie Bewegung auf der Weide löst Blockaden und kann Verspannungen mildern. Ist der Grad der Erkrankung noch nicht so weit fortgeschritten, dass das Reiten bereits ausgeschlossen ist, sollte der Aufbau des Rücken erfolgen.

Der erste Weg, ist das Pferd mit Hilfe von Schmerzmitteln schmerzfrei zu bekommen. Die Behandlung durch einen Osteopathen ist der nächste Schritt, um den Rücken wieder zu mobilisieren. Das A und O ist die stabile Rückenmuskulatur – daher sollte ungefähr 8-12 Wochen intensives Rückentraining vom Boden aus folgen. Die Passformkontrolle des Sattel und die korrekte Hufbearbeitung dürfen nicht außer Acht gelassen werden.

*Jeffcott, L.B. and J.F. Wade (1998): The Equine Back. The Horse (5),
20–26
** Klide, A. (1989): Overriding vertebral spinous processes in the extinct horse, Equus occidentalis. Am. J. Vet. Res. 50, 592–593
*** Petterson, H., B. Strömberg und I. Myrin (1987): Das thorakolumbale interspinale Syndrom (TH) des Reitpferdes – retrospektiver Vergleich konservativ und chirurgisch behandelter Fälle. Pferdeheilkunde 3, 313–319
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