Jungpferde anreiten – Die ersten 90 Tage mit Caroline und Petra Leckebusch

Die ersten 90 Tage – die Trainer sind maßgeblich daran beteiligt, den jungen Pferden einen guten Start in ihr Leben als Reitpferd zu geben. Diese Aufgabe ist mit hoher Verantwortung verbunden und manchmal unterscheiden sich auch die Ansprüche und das Machbare. Wir wollen den Mythos Anreiten lüften und möchten die Gedanken unserer Trainer zu den “ersten 90 Tagen” erfahren.

Heute haben wir Caroline und Petra Leckebusch, die wir zum Interview geladen haben, für euch:


90 Tage oder mehr? Reichen 3 Monate?

In 90 Tagen kann man das Pferd an das Reitergewicht gewöhnen und ihm die ersten Schritte beibringen, mehr nicht.

Wie startet ihr in die Grundausbildung mit den jungen Pferden?

Wir reiten unsere Pferde mit ca. 3 Jahren an – meist stellen wir sie nach ca. 2-3 Monaten Training nochmal über den Sommer auf die Weide und arbeiten sie dann erst mit 3,5 – 4 Jahren regelmäßig.

Was gehört für euch zur Grundausbildung dazu? Was kann man in 3 Monaten Grundausbildung erwarten und was muss das Pferd mindestens können?

Grundlegende Arbeit am Boden: Führen, Round Pen, Fahren vom Boden, Mitgehen als Handpferd, Gewöhnen an Sattel, Snaffle Bit, das Reitergewicht, mit dem direkten Zügel lenken, Anhalten, Anreiten, Back-Up, Vorhandwendung, Hinterhandwendung, im Gelände und der Halle in den drei Grundgangarten gehen. Also die Grundlagen für die ersten drei Punkte der Ausbildungsskala: Takt, Losgelassenheit, Nachgiebigkeit auf die Hilfen.

Wie oft und wie lange arbeitet ihr junge Pferde in der Woche?

Ca. 5 – 6 mal – immer kurze Sequenzen ca. 20-30 Minuten, kommt darauf an, wie lange das Pferd zuhören kann und was gemacht wird. Das Pferd soll lernen und zuhören können und weder mental noch körperlich überfordert werden. Das Training soll eine gute Erfahrung sein für das Pferd.

Reitet ihr nur selbst oder ist es wichtig, dass junge Pferde auch andere Reiter kennen lernen?

Bei uns wird jedes Jungpferd erstmal von der gleichen Reiterin gearbeitet. In der Regel machen das unsere Azubis unter der Supervision von Linda oder Caroline. Wenn es weiter fortgeschritten ist, arbeitet auch mal jemand anderes mit dem Pferd. Idealerweise zum Ende der Ausbildung auch der Besitzer, damit er sein Pferd und unser Training kennenlernt und eingewiesen wird.

Wie wichtig ist Ausreiten innerhalb der Grundausbildung für euch und wann geht ihr frühestens mit den jungen Pferden ins Gelände?

Wir beginnen nach der Bodenarbeit und dann gleich mit der Arbeit im Gelände. Das Pferd geht zunächst als Handpferd mit ins Gelände. Angeritten geht das Jungpferd mit Reiter als Handpferd an der Seite eines erfahrenen alten Pferdes mit ins Gelände. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das Jungpferd entspannt bleibt und sich zunächst auf seine Balance unter dem Reitergewicht konzentrieren kann. Der Reiter muss es noch nicht lenken, oder antreiben etc. Das alte Pferd gibt ihm Sicherheit.

Wie wichtig ist es, dass der Besitzer bereits bei der Grundausbildung seine Ziele mit dem Pferd definiert?

Die Grundausbildung ist bei uns für jedes Pferd gleich. Das Training für eine bestimmte Disziplin beginnt erst, wenn das Pferd die Grundlagen gelernt hat und genug Kondition für ein echtes Training hat – das dauert in der Regel 6-12 Monate. Wer ein Pferd schnell für Manöver trainiert haben möchte, ist bei uns falsch – das entspricht nicht unserer Vorstellung für ein Pferdegerechtes Training.

Soll der Besitzer das Pferd vorher bereits arbeiten oder das Jungpferd lieber roh bringen?

Wenn ein Pferd gut erzogen ist und schon etwas Bodenarbeit kennt, ist das prima. Aber wir können auch gerne ganz von Vorne beginnen. Wenn man mit den ersten Schritten beginnt, ist es wichtig, dass das Pferd keine Angst bekommt und die Arbeit gut gemacht wird. Ganz schlecht ist es, wenn der Besitzer „es schon mal probiert“ hat und es ist etwas schief gegangen. Dann hat man kein rohes Pferd, man hat ein unter Umständen ein traumatisiertes Pferd. Dann dauert das Training deutlich länger und ist schwieriger.

Kann der Besitzer sein Jungpferd nach 90 Tagen problemlos mit nach Hause nehmen und selbst reiten?

Das kann man pauschal nicht so sagen, es hängt davon ab wie stabil das Pferd ist und wie gut der Besitzer reitet. Wenn es ein erfahrender Reiter ist, der seinem Pferd gut helfen kann, kann das funktionieren.

Reitet ihr Pferde auch in weniger als 3 Monaten ein, wenn die Besitzer das wollen?

Nein, wir nehmen Pferde zum Anreiten nur für mindestens 4 Monate. Man darf keinen Zeitdruck haben, das ist schlecht für das Training. Der Besitzer wird zu jeder Zeit gut eingebunden, erhält kleine Filme, kann bei Besuchen die Fortschritte seines Pferdes verfolgen. Erst wenn der Besitzer der Meinung ist, das Pferd kann genug, nimmt er es mit nach Hause. Ideal wäre ein Zeitraum von 6-12 Monaten, erst dann kann ein Pferd eine fundierte Grundausbildung haben.

Vielen Dank Petra & Caroline

 

Fotos:© Figure Eight

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