Für Fortgeschrittene: Reiten mit Handpferd

Viele Reiter kennen diese Situation: Zwei Pferde müssen bewegt werden, aber man hat nicht die Zeit beide zu reiten – ein Ausritt mit Handpferd kann Abhilfe schaffen. Ein praktischer Nutzen, auch für alle Besitzer nicht mehr reitbarer Pferde, die so noch in den Genuss eines Ausrittes kommen können. Für den Aufbau der Muskulatur oder der Kondition alter, junger oder verletzter Pferde, ist es ebenso eine tolle Möglichkeit.

 

Was muss im Voraus bedacht werden?

Wichtig ist, dass die beiden Pferde verträglich miteinander sind. Auf wildes Gerangel zwischen Reit- und Handpferd sollte der Reiter besser verzichten. Das Reitpferd muss sicher in der einhändigen Zügelführung sein, auf Gewicht- und Sitzhilfen gut reagieren und natürlich kein Problem damit haben, wenn ein anderes Pferd nahe neben ihm läuft. Das Handpferd muss, zumindest am Boden, gut gearbeitet sein – was bedeutet, dass es sich brav führen lässt, auf Zug am Halfter anhält und los geht und nicht drängelt. Es sollte sich grundsätzlich in jeder Situation, zum Beispiel auf der Weide, gut einfangen lassen. Dies für den Fall, dass man es im Notfall im Gelände los lassen muss.

Ist das Reitpferd das Ranghöhere der beiden Pferde, wird dies immer die entspanntere Kombination sein. In der umgekehrten Konstellation funktioniert es nur, wenn das ranghöhere Pferd so gut erzogen ist, dass es jegliches Dominanzgehabe gegenüber dem rangniedrigen Pferd unterlässt. Ansonsten können sich dadurch alle 3 in Gefahr bringen.

 

Die Anforderungen an die Pferde sind also die folgenden:

Das Reitpferd:

  • Die einhändige Zügelführung muss funktionieren
  • Das Pferd sollte gut auf Sitz- und Gewichtshilfen reagieren
  • Brav und ruhig
  • Duldet ein Pferd nah neben sich

Das Handpferd:

  • Vom Boden gut gearbeitet
  • Lässt sich brav führen, drängelt nicht
  • Ist im Idealfall das rangniedrigere Pferd
  • Sollte sich in jeder Situation gut einfangen lassen

 

ACHTUNG: Reiten mit Handpferd sollte nur von erfahrenen, fortgeschrittenen  Reitern praktiziert werden! 

Die benötigte Ausrüstung

Für das Reitpferd eignet sich am besten eine Zäumung, die auch für die einhändige Zügelführung geeignet ist. Ein Snaffle Bit, das einhändig geführt wird, verstärkt den Nussknacker Effekt und ist daher ungeeignet.

Das Handpferd sollte ein gut sitzendes Halfter oder Knotenhalfter tragen. Gebisse eignen sich eher nicht für die Einwirkung von nur einer Seite – sollten wenn, dann aber nur in Kombination mit einer Longierbrille verwendet werden. An Engpässen kann es passieren, dass das Handpferd hinter dem Reitpferd laufen muss, daher sollte das Seil eine Länge von 3-4 Metern haben und gut in der Hand liegen. Handschuhe sind ein Muss – ein besserer Grip am Führseil ist garantiert und man vermeidet Brandblasen, wenn das Handpferd ruckartig am Seil zieht.

 

Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen… 

Auch beim Reiten zu dritt nicht – daher ist einiges an Übung nötig, bevor man sich ins Gelände wagt. Das erste Training geht man am besten auf dem Reitplatz oder in der Halle an.

Das Seil liegt in der Hand, auf der auch das Handpferd geht: Handpferd rechts – Seil in der rechten Hand. Das restliche Seil legt man in Schlaufen und nimmt es in die Hand. Niemals aber in solche Schlaufen legen, die sich zuziehen können. Das Handpferd sollte mit wenig Abstand neben dem Reitpferd laufen. Ist der Kopf des Handpferdes in Höhe des Reiterschenkels, ist die Position optimal.

Bei den ersten Versuchen, ist das Handpferd auf der Innenseite zu führen, damit es bei Unruhe Platz zur Seite hat und nicht zwischen Reitpferd und Bande feststeckt. Große Zirkel und ganze Bahn mit Richtungswechsel sind perfekte Übungen für den Anfang. Eine weitere Person kann hilfreich sein, um das Handpferd leicht anzutreiben oder ihm beizubringen, die gewünschte Führposition zu halten. Sobald alles im Schritt gefestigt ist, kann zu schnelleren Gangarten übergegangen werden.

Das hintereinander gehen darf auf keinen Fall außer Acht gelassen werden – hierfür baut man sich am besten einen Engpass mit Stangen auf, durch den nur ein Pferd passt. Im Führtraining vom Boden aus, erarbeitet man sich zunächst ein Kommando, auf dass das Pferd einige Schritte zurück tritt. Bewährt hat sich hier ein leichtes schlenkern des Führseils verbunden mit einem Stimmkommando. Sitzt dieses Kommando, hält man vor dem Engpass an und lässt das Handpferd zurücktreten, um dann hindurch zu reiten.

Viel Lob und Bestätigung von Seiten des Reiters, hilft dem Handpferd zu verstehen wie und wo es laufen soll.

 

Ab in die Natur

Sitzt das Handpferdereiten auf dem Reitplatz, kann man sich zu einem Ausritt aufmachen. Junge Pferde sollte vorher an der Longe bewegt werden, damit der erste Übermut ausgebockt werden kann. Übermut kann bei schnellerem Tempo im Gelände auch das ruhigste Pferd anstecken und man findet sich als Reiter mit 2 unkontrollierbaren Pferden im Kopf-an-Kopf Rennen wieder. Dieses Risiko muss bedacht und bei der Wahl der Gangart immer einkalkuliert werden.

Richtig gelernt und umsichtig umgesetzt, ist das Reiten mit Handpferd eine tolle Möglichkeit zwei Pferde auf einmal zu bewegen.

Wichtig zu wissen: Ist man im Straßenverkehr unterwegs, muss das Handpferd immer rechts laufen, damit es sich nicht in den von hinten kommenden Verkehr drehen kann.

 

Foto: Figure8

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