Liebe Mitglieder,
unsere Reitställe, Pensionsställe und Zuchtstätten sind als private Sportstätten im besonderen Maße von den Vorkehrungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betroffen, da ihr Betrieb durch die Erlasse der Bundesländer stark eingeschränkt wurde. Zwar verbleiben Einnahmen aus der Einstallung von Pensionspferden, aber jeder von uns weiß, dass das bei Weitem nicht zur Deckung der laufenden Kosten reicht.
Im Moment steht unsere Gesellschaft vor enormen Herausforderungen: Höchste Priorität hat es, die weitere Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen und die bestmögliche Versorgung der Erkrankten sicherzustellen. Wir können über jeden Tag dankbar sein, an dem niemand von uns oder wichtige Personen zur Versorgung unserer geliebten Pferde erkrankt. Gleichzeitig müssen wir die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie so gut wie möglich versuchen zu überstehen – ob als Arbeitgeber*in oder Arbeitnehmer*in. Hierfür hat der Bundestag am 25. März 2020 eine ganze Reihe von Gesetzen verabschiedet. Uns ist klar, dass dieses Gesetzespaket nicht allen helfen kann, dennoch möchten wir Euch über Eure Möglichkeiten informieren:
Durch das Sofortprogramm der Bundesregierung profitieren Solo-Selbstständige, Kleinstunternehmer und kleine Familienbetriebe, die durch die aktuelle Situation schnell vor existenzielle Probleme gestellt werden. Während Einnahmen wegbrechen, bleiben die laufenden Kosten wie Miet- und Pachtkosten bestehen, Rücklagen sind schnell aufgebraucht und es besteht oft kein Zugang zu neuen Krediten. Mit dem Sofortprogramm stellt die Bundesregierung für drei Monate Selbstständigen und Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten (Vollzeit) maximal 9.000 Euro (also 3 x 3.000 Euro monatlich), mit bis zu 10 Beschäftigten (Vollzeit) maximal 15.000 Euro (3 x 5.000 Euro monatlich) als nicht rückzahlbaren Zuschuss für laufende Betriebskosten zur Verfügung, die durch Einnahmen wegen der Corona-Pandemie nicht mehr gedeckt werden können. Daraus können laufende Betriebskosten wie Miete, Pacht, Strom, Wasser und Versicherungen geltend gemacht werden oder in Ihrem konkreten Fall auch Futter, Schmied oder der Tierarzt. Hierfür werden insgesamt bundesweit bis zu 50 Mrd. Euro im Nachtragshaushalt 2020 (der insgesamt über 155 Mrd. Euro umfasst) bereitgestellt. Ausgeführt wird dieses Programm über die Länder, in Brandenburg über die ILB und in Berlin über die IBB. Beide Bundesländer haben zudem zusätzliche oder ergänzende Hilfsprogramme aufgelegt.
Zusätzlich hat das Bundesfinanzministerium steuerliche Entlastungen für Unternehmen beschlossen, die durch die Finanzbehörden der Länder durchgeführt werden: Hierzu zählen eine zinsfreie Stundung von Steuerzahlungen, die unkomplizierte Verringerung/Anpassung von Steuervorauszahlungen und die Aussetzung von Steuervollstreckungen. Das heißt: Es ist sichergestellt, dass nur auf das tatsächliche Einkommen Steuern bezahlt werden. Ansprechpartner dafür ist Euer zuständiges Finanzamt.
Auch die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld wurden vereinfacht, um möglichst viele Arbeitsplätze in der Krise zu sichern: Es reicht, wenn 10 Prozent der Beschäftigten eines Betriebes von Arbeitsausfall betroffen sind, damit ein Unternehmen Kurzarbeit beantragen kann. Nach bisheriger Gesetzeslage musste mindestens ein Drittel der Beschäftigten von Kurzarbeit betroffen sein. Die Sozialversicherungsbeiträge werden bei Kurzarbeit von der Bundesagentur für Arbeit vollständig erstattet. Kurzarbeitergeld ist auch für Beschäftigte in Zeitarbeit möglich. Diese Erleichterungen sind rückwirkend zum 01. März in Kraft getreten und werden auch rückwirkend ausgezahlt.
Für Auszubildende gelten andere Regelungen, da die Ausbildungsvergütung kein Arbeitslohn, sondern eine finanzielle Hilfe zur Durchführung der Ausbildung ist. Das bedeutet konkret: Laut Rechtsprechung ist der Betrieb verpflichtet, alle Mittel und Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Ausbildung weiter – z.B. durch das Umstellen des Lehrplanes oder durch das Vorziehen anderer Lehrinhalte – zu gewährleisten. Mit Ausbildungsveranstaltungen, die sich online durchführen lassen, könnten ebenfalls theoretische Inhalte vermittelt werden. Dennoch kommt der Gesetzgeber den Arbeitgeber*innen soweit entgegen, dass in Krisensituationen – wie wir sie im Moment „hautnah“ erleben – ebenfalls für die Auszubildenden Kurzarbeitergeld angeordnet werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass Betriebe quasi vollends zum Erliegen kommen. Jedoch kann diese „Notfallsituation“ erst nach mindestens sechs Wochen erfolgen, um auch den Auszubildenden einen erforderlichen Planungsvorlauf zu geben, um sich auf die veränderte finanzielle Situation einzustellen.
Für Arbeitnehmer*innen, die sich in Kurzarbeit befinden, gelten außerdem diese Regelungen: Beschäftigte, die schon vor Einführung einer Kurzarbeit eine Nebentätigkeit hatten, können diese fortführen. Maßgeblich ist der erste Abrechnungsmonat des Kurzarbeitergeldes. Das daraus erzielte Einkommen wird nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Neu ist, dass bis zum 31.10.2020 erzielte Nebenverdienste in „systemrelevanten“ Bereichen nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet werden. Mögliche Bereiche sind beispielsweise Landwirtschaft, Feuerwehr, Sicherheitsbehörden, Transport, Personenverkehr, Energieversorgung und natürlich das Gesundheitswesen. Auch eine so genannte kurzzeitige Beschäftigung, die allerdings im Voraus auf maximal 115 Tage befristet sein muss, kann bis zum 31.10.2020 ausgeübt werden. Eine solche Tätigkeit ist sozialversicherungsfrei, auch wenn mehr als 450 Euro Einkommen erzielt werden. Auf das Kurzarbeitergeld werden die Einkommen solange nicht angerechnet, bis der ursprüngliche Nettolohn erreicht ist.
Wenn das Einkommen nur für sich selbst, aber nicht für die gesamte Familie reicht, können Eltern Kinderzuschlag (KiZ) erhalten. Im Rahmen der Corona-Krise wird der Kinderzuschlag nun zu einem „Notfall-Kindergeldzuschlag“ erweitert. Er soll Familien helfen, die kurzfristig ein geringeres Einkommen haben und deswegen Unterstützung benötigen. Bei Anträgen für den „Notfall-KiZ“ wird das Einkommen der Eltern nicht – wie sonst üblich – anhand der vergangenen sechs Monate, sondern nur anhand des letzten Monats geprüft. Damit können kurzfristige Einkommenseinbußen abgefedert werden. Bisherige Kinderzuschlag-Bezieher*innen, die den Höchstsatz von 185 Euro erhalten, bekommen die Leistung für weitere sechs Monate automatisch verlängert. Sie müssen keine neuen Nachweise erbringen. Beide Regelungen sind auf den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2020 befristet. Auch der „Notfall-KiZ“ kann digital beantragt werden. Weitere Informationen unter: www.notfall-kiz.de.
Wer wegen der Corona-Krise Probleme hat, die laufende Miete für Wohn- beziehungsweise Gewerbeflächen zu begleichen, darf nicht gekündigt werden. Dies gilt sowohl für Wohn- als auch für Gewerberaummietverträge. Wegen Mietschulden aus dem Zeitraum zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 dürfen Vermieter*innen das Mietverhältnis nicht kündigen, sofern die Mietschulden auf die Folgen der Corona-Pandemie zurückzuführen sind. Die Verpflichtung der Mieter*innen zur fristgerechten Zahlung ihrer Miete bleibt jedoch bestehen. Die Regelungen gelten zunächst bis zum 30. Juni 2020.
Für den „Worstcase“ wurde der Zugang zur (ergänzenden) Grundsicherung ohne Vermögensprüfung erleichtert, damit der Lebensunterhalt und die Miete plus Nebenkosten in der Krise trotz Verdienstausfall für die Beschäftigten gesichert sind. Wer zwischen dem 01. März und dem 30. Juni 2020 einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung stellt und dabei erklärt, über kein erhebliches verfügbares Vermögen zu verfügen, erhält SGB-II-Leistungen (u. a. ALG II). Erst nach dem Ablauf von sechs Monaten gelten wieder die bisher üblichen Vorschriften. Auch Folgeanträge werden unbürokratisch für sechs Monate weiterbewilligt. Außerdem werden die Ausgaben für Wohnung und Heizung in den ersten zwölf Monaten des Grundsicherungsbezugs – im Gegensatz zu bisher – in tatsächlicher Höhe anerkannt, damit niemand, der zwischen dem 01. März und dem 30. Juni 2020 einen Antrag auf Grundsicherung stellt, einen Nachweis über die „Angemessenheit der Wohnungsgröße“ erbringen und sich vor einem erzwungenen Umzug fürchten muss.
Außerdem wurden die Insolvenzregelungen geändert. Wer aufgrund von Corona in den nächsten Monaten in Zahlungsschwierigkeiten gerät, muss vorerst keine Insolvenz anmelden, weil die Insolvenzantragspflicht gesetzlich bis zum 30. September 2020 ausgesetzt wird.
Natürlich hoffen wir inständig, dass möglichst viele von Euch nicht auf diese Maßnahmen zurückgreifen müssen oder „mit einem blauen Auge“ davonkommen.
Wenn sich alles wieder normalisiert hat, freuen wir uns natürlich, Euch wieder auf unseren Turnieren begrüßen zu können. Wann das wieder soweit sein wird, hängt leider vollkommen von der Entwicklung der Corona-Fallzahlen ab: Also geht mit gutem Beispiel voran! Haltet die Abstand- und Hygienemaßnahmen in Eurem privaten und „pferdigen“ Leben ein, damit wir hoffentlich den Betrieb auf unseren Reitlagen bald wieder ausweiten können.
Gemeinsam schaffen wir das!
Euer Vorstand der EWU Berlin-Brandenburg e.V.