Ein Buckskin
So ein Pferd wie es Ben Cartwright in der Kult-Westernserie Bonanza hatte. Das war für mich seit Kindertagen der Inbegriff eines schönen Westernpferdes. Vor elf Jahren erfüllte ich mir meinen Kindertraum und kaufte die buckskinfarbene Quarterstute Docz Ten Straw Ladi, gezüchtet von Johann Stangl aus der A Total Tramp und vom Hengst Docz Good Little Boy.
„JJ“ war damals zwölf Jahre alt und für mich das schönste Pferd der Welt. Auch wenn sie nicht wirklich quartertypisch mit leichter Ramsnase und wenig ausgeprägter Hinterhand daherkommt.
Ihre Gänge sind unglaublich elegant und ihr Schwung lässt sie über jede Trail-Kombi schweben. Der Sitzkomfort ließ dabei leider zu wünschen übrig: Es hat zwei Jahre intensives Training gekostet sie so zu reiten, dass mich nicht jeder Trabschritt aus dem Sattel katapultiert.
Ich wuchs reiterlich sehr an ihr und so gelangen uns mit der Zeit auch Siege und Qualis in der Pleasure.
JJ ist der perfekte All-Arounder, aber in erster Linie wurde sie zu meiner idealen Begleiterin im Trail. Unsere absolute Lieblingsdisziplin!
Gemeinsam haben wir viel trainiert und manchmal auch diskutiert. Wir wuchsen als Team zusammen und ich konnte mich in der Prüfung blind auf sie verlassen. Kennt ihr diesen kleinen feinen Zwischenschritt vor einer Stange, den geschickte Trail-Pferde ganz von alleine setzen? JJ beherrscht ihn und machte es sich auch bei schwierigen Abständen immer passend.
Mit ihr lernte ich das Gefühl kennen, eine Einheit mit seinem Pferd zu sein.
Wenn Kommunikation wie Telepathie erscheint – Wenn der Zügel maximalen Slack hat und du im gleichbleibenden Takt die engste Wendung mit Lope-Over-Labyrinth mühelos hinbekommst – dieses Gefühl ist unbeschreiblich und macht einfach süchtig.
Mit ihrem „will to please“ trug sie mich bis in die höchste Leistungsklasse der EWU.
Viele Jahre in Folge konnten wir uns für die German Open qualifizieren.
Je älter wir wurden, desto besser wurden wir. Der komplizierteste Trail war gerade gut genug, um uns herauszufordern. Ich hatte den Eindruck, dass wir zusammen alles schaffen können.
Acht Jahre lang war JJ mein zuverlässiges, geniales Turnierpferd. 2017 wurde sie zwanzig Jahre alt und war noch immer fit und leistungsbereit. Doch ich hatte dieses Alter als Schlussstrich für JJs Turnier-Karriere gesetzt.
Die German Open 2017 war dann ihr letzter Auftritt als Showpferd. Sie hatte es verdient auf dem Höhepunkt ihres Könnens aufzuhören. JJ ist bei uns aber sowieso nie nur Turnierpferd gewesen. Sie ist auch Familienmitglied und braves Lehrpferd für unsere Reitschüler. So ist sie wochentags von unseren Schülern gymnastiziert worden und hat am Wochenende mit mir und meiner Tochter Yara 75er Trailscores abgeliefert.
Bis heute läuft sie bei uns auf Timberline im Unterricht und macht einen wunderbaren Job. Hin und wieder kommt die Trail-Queen aus ihr heraus: Dann zeigt sie den Schülern wie sie auch ganz ohne Anweisung durchs Tor oder das Stangen-L kommt.
Wenn ich heute die Gelegenheit habe sie zu reiten, beweist sie, dass sie nichts vergessen hat und ganz spontan einen LK1-Trail locker laufen kann. Sie wird mäßig aber regelmäßig bewegt. Das tut ihr gut, hält sie jung und gesund.
In der Zwischenzeit habe ich einige tolle Nachwuchspferde ins Turniergeschehen gebracht; bin mit meiner selbst ausgebildeten Appaloosastute Miss Mighty Blue sogar Open Junior Trail Europameisterin ApHC geworden. Das magische JJ-Gefühl konnte bislang jedoch nicht übertroffen werden.
Mit dem talentierten QH-Wallach George versuchte ich zwei Jahre lang an die Erfolge meiner JJ anzuknüpfen. Er wurde aber auf der Show einfach nicht mein Pferd.
Kein Pferd ist so für mich gemacht wie meine kleine, nicht perfekt proportionierte, Buckskin-Quarterstute JJ. Mit einem riesigen Herzen und Nerven aus Drahtseilen.
Sie ist mein „Once in a lifetime horse“, das ich so liebe, dem ich mein reiterliches Standing verdanke und das niemals durch ein anderes Pferd ersetzt werden kann.
Text: Maja Deeb
Fotos: Art & Light, Fizzy Colors